Ver­trauen – das will ich wagen und schen­ken. Immer wieder. | Foto: iStock: evgenyatamanenko

Predigt

Mai 2021

Vertrauen wagen

Autor: Pfarrer Gottfried Heinzmann

Impuls Pfingsten 15.05.2021
Die Zieglerschen, Wilhelmsdorf

Liebe Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter,

auf mei­nem Schreib­tisch steht die­ser Schrift­zug. »Ver­trauen« – manch­mal ver­gesse ich das, weil mein Blick auf den Bild­schirm oder die Akten gerich­tet ist. Doch vor kur­zem habe ich wie­der gemerkt, wie sehr wir das brau­chen. In unse­rer Corona-Update-Runde hal­ten wir uns über das aktu­elle Gesche­hen auf dem Lau­fen­den. Eine Infor­ma­tion hat uns alle sehr betrof­fen gemacht. Der Mann einer Mit­ar­bei­te­rin war schwer an COVID-19 erkrankt und ... ist gestor­ben.

Furcht­bar – ich war ... sprach­los. Und in dem Moment dank­bar zu hören, wie gut die direk­ten Kol­le­gen und Vor­ge­setz­ten mit die­ser schreck­li­chen Situa­tion umge­gan­gen sind, die Kol­le­gin – so gut es geht – beglei­tet und getröstet haben.

Doch hin­ter­her hat es mich noch ziem­lich beschäftigt. Das, was ich schon lange befürch­tet hatte, war Wirk­lich­keit gewor­den. Jemand, der sich für andere ein­setzt, wird bei der Arbeit infi­ziert. Das kommt immer wie­der vor. Auch dass diese Infek­tion auf Angehörige übert­ra­gen wird. Doch dass diese Infek­tion dann zum Tod führt, ist kaum zu ertra­gen.

Wie gehen wir damit um, dass so etwas pas­sie­ren kann? Was macht das mit unse­rem Ver­trauen? Wenn ich mich ständig fra­gen muss, ob ich eine Gefahr für jemand ande­ren bin – und mich ständig frage, ob der andere eine Gefahr für mich ist.

Beim Nach­den­ken darüber bin ich auf eine starke Aus­sage des Sozio­lo­gen Hart­mut Rosa gestoßen. Er beschreibt einen Zusam­men­hang zwi­schen dem COVID-19-Virus, das sich über die Atem­wege aus­brei­tet und dem gestörten Ver­trauen. Das Atmen ist unsere Grund­be­zie­hung zur Welt. Diese Grund­be­zie­hung ist durch das Virus gestört. Ich kann dem Atmen nicht mehr trauen. Ich muss mir immer über­le­gen, ob ich da, wo ich mich gerade befinde, unbe­sorgt ein- und aus­at­men kann. Wenn ich also bei jedem Atem­zug miss­trau­isch sein muss, macht das etwas mit mir.

Das Atmen ist unsere Grundbeziehung zur Welt. Diese Grundbeziehung ist durch das Virus gestört.

Was können wir gegen die­ses Miss­trauen tun?

Ich lade Sie ein, auf eine bib­li­sche Geschichte zu hören. Es war in den Tagen nach Kar­frei­tag. Die Anhänger von Jesus hat­ten Angst. Sie waren miss­trau­isch. Sie rech­ne­ten damit, dass man sie suchen würde. Die Anhänger eines Ver­bre­chers, der ver­ur­teilt und hin­ge­rich­tet wurde. Sie waren völlig durch­ein­an­der. Sie ver­steck­ten sich. Fens­ter und Türen zu. Rie­gel vor. Kei­ner raus und kei­ner rein. Kein Kon­takt. Einer kommt. Lässt sich von ver­schlos­se­nen Türen genauso wenig auf­hal­ten wie vom Stein, der vor sein Grab gerollt war. Der auf­er­stan­dene Jesus Chris­tus kommt, tritt in ihre Mitte und sagt: »Friede sei mit euch!«

Nun folgt etwas, das uns in Corona-Zei­ten beson­ders fremd vor­kommt: »Dann hauchte er sie an und sagte: ›Empfangt den Hei­li­gen Geist!‹«  

Nun folgt etwas, das uns in Corona-Zeiten besonders fremd vorkommt: »Dann hauchte er sie an und sagte: ›Empfangt den Heiligen Geist!‹«

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