»Wir haben bisher extrem positive Erfahrungen«

Expertentipp

»Wir haben bisher extrem positive Erfahrungen«

Expertentipp

April 2022

Ist die Gewinnung ausländischer Fachkräfte die Lösung für den Fachkräftemangel in der Pflege? Interview mit Linda Krall (29), Referentin für Internationale Personalgewinnung bei den Zieglerschen.

Text: Nicola Philipp

Frau Krall, die Gewin­nung ausländi­scher Fachkräfte läuft gerade sehr erfolg­reich. Ist es die Lösung für unse­ren Fachkräfteman­gel?
Inter­na­tio­nale Per­so­nal­ge­win­nung ist eine von meh­re­ren Säulen, wir haben aber noch viele andere Wege. Seit letz­tem Jahr gibt es zum Bei­spiel ein Recrui­ting­team, wir sind auf Mes­sen und in Social Media-Kanälen präsent, wir pfle­gen Schul- und Hoch­schul­ko­ope­ra­tio­nen. Dann set­zen wir stark auf Nach­wuchs­ge­win­nung, bie­ten Frei­wil­li­gen­dienste und Prak­tika an, bil­den aus. Und nicht zuletzt geht’s auch um die Bin­dung von Mit­ar­bei­ten­den. Hier legen wir großen Wert auf Per­so­nal­ent­wick­lung, auch mit Fort- und Wei­ter­bil­dung.

Im Aus­bil­dungs­pro­jekt des Dia­ko­ni­schen Werks, an dem die Zieg­ler­schen betei­ligt sind, liegt die Abbre­cher­quote bei nur 4,8 Pro­zent – wie kommt das?
Tatsächlich ist die Abbruch­quote sehr sehr gering. Ich führe das zurück auf unse­ren spe­zi­el­len Weg: Aus­bil­dung statt Gewin­nung von »fer­ti­gen« Fachkräften aus dem Aus­land. Wir haben extrem posi­tive Erfah­run­gen, weil wir die jun­gen Men­schen durch die Aus­bil­dungs­zeit an uns bin­den. Das Pro­jekt ist so erfolg­reich, dass wir es auf wei­tere Länder aus­ge­dehnt haben. Und es gibt Über­le­gun­gen, jetzt auch Men­schen für die Heil­er­zie­hungs­pflege zu gewin­nen.

Gibt es auch Schwie­rig­kei­ten im Pro­jekt?
Natürlich, vor allem mit Woh­nun­gen und Doku­men­ten. Woh­nun­gen müssen wir den inter­na­tio­na­len Azu­bis stel­len, das geht in der aktu­el­len Woh­nungs­si­tua­tion gar nicht anders. Wir bie­ten meist WGs an und die Mit­ar­bei­ten­den zah­len Miete. Dann gibt es Pro­bleme mit der Aner­ken­nung von Doku­men­ten. Viele ausländi­sche Führer­scheine wer­den nicht aner­kannt, man darf damit nur sechs Monate fah­ren und muss dann im Grunde alles noch mal neu machen. Das kann sich kein ausländi­scher Azubi leis­ten! Für die ambu­lan­ten Dienste ist der Führer­schein aber sehr wich­tig. Oder Schul­zeug­nisse. Die Aner­ken­nung dau­ert meist Monate. Oft müssen wir für sol­che Pro­bleme krea­tive Lösun­gen fin­den. Durch das Pro­jekt gibt es zum Glück inzwi­schen gute Ver­bin­dun­gen – da geht man­ches ein­fach schnel­ler.

Tipp

»Wichtig für den Erfolg internationaler Personalgewinnung ist die Haltung der Führungskräfte und der Bestandsbelegschaft. Gute Integration gelingt maßgeblich durch engagierte, offenene Einrichtungsleitungen und die Teams vor Ort. Ihr Engagement geht oft weit über den Job hinaus – davor ziehe ich den Hut!«